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Sondersitzung - Muchitsch: Regierung muss Entwurf zum Arbeitszeitgesetz zurückziehen

ÖVP-FPÖ-Plan stellt alle ArbeitnehmerInnen schlechter - ArbeitnehmerInnen verlieren Geld, Planbarkeit und müssen ihre Gesundheit aufs Spiel setzen

 

Der Vorsitzende des Sozialausschusses, Baugewerkschaftschef Josef Muchitsch, hat am Freitagnachmittag in der Sondersitzung des Nationalrats sehr ausführlich und sachlich begründet, warum der Koalitionsvorschlag zur Erhöhung der Arbeitszeiten auf 12 Stunden täglich und 60 Stunden die Woche durchgängig den ArbeitnehmerInnen schadet: Sie verlieren Einkommen, sie verlieren die Planbarkeit von Arbeit und Freizeit und ihre Gesundheit wird aufs Spiel gesetzt. Muchitsch fordert die Regierungsparteien dazu auf, den Antrag zurückzuziehen. Er sichert zu, dass bei einer vernünftigen Regierungsvorlage am Dienstag noch vor dem Sommer ein Sozialausschuss dazu tagen werde; mit einer sechswöchigen Begutachtung und der Einbindung von ExpertInnen und Sozialpartnern kann sich Muchitsch einen Beschluss von einem fairen Arbeitszeitgesetz im Herbst vorstellen.

 

So wie das Gesetz jetzt vorliegt, sei es ein Pfusch, der alle ArbeitnehmerInnen im Vergleich zum geltenden Arbeitszeitgesetz schlechter stellt. Daher sei es "umso wichtiger, dass all jene in dieser Republik, denen das Einkommen, die Freizeit, die Familien und die Gesundheit wichtig sind, sich gegen ihren Entwurf auflehnen". Muchitsch rief dazu auf, "dass morgen, Samstag, so viele Menschen wie möglich bei der Demo des ÖGB Solidarität zeigen und ab 14.00 Uhr am Westbahnhof und ab 15.00 Uhr am Heldenplatz ein wichtiges Zeichen der Menschlichkeit und Würde für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Österreich setzen".

In seinen Ausführungen beherzigte Muchitsch den Aufruf zur Sachlichkeit vom - zum Beginn der Sitzung abwesenden - ÖVP-Kanzler Kurz. So werde richtig argumentiert, den 12-Stundentag gibt es schon in vielen Branchen; der entscheidende Unterschied sei freilich: Nur im begründeten Bedarfsfall, nur mit Zustimmung des Betriebsrats und der KV-Partner, der Arbeitsmediziner. Die Beschäftigten wissen Monate im Voraus, wie ihr Dienstplan aussieht, die Arbeits- und Freizeit ist planbar und gestaltbar, auf zwei oder drei lange Dienste folgen drei bis vier Tage Freizeit, erläutert Muchitsch. Das alles fällt mit dem geplanten Gesetz weg. 

Die Koalition wirbt für ihren Vorschlag, dass damit eine Viertagewoche möglich werde. Die gibt es freilich schon seit 20 Jahren im Arbeitszeitgesetz, betonte Muchitsch; und auch hier der entscheidende Unterschied: Nach vier mal zehn Stunden kommen drei freie Tage; FPÖ und ÖVP wollen vier mal zwölf Stunden arbeiten lassen. 

Und was die Koalition Arbeitszeitflexibilisierung nennt, verschweige die Tatsache, dass einfach eine Arbeitszeitverlängerung geplant ist, so Muchitsch. Denn ganz anders als versprochen, wird die Jahresarbeitszeit um 96 Stunden Mehrarbeit erhöht; das sind 12 Arbeitstage mehr im Betrieb. Und bleiben die acht Stunden/Tag, 40 Stunden/Woche Normalarbeitszeit tatsächlich? Nominell, ja, aber letzten Endes werde der Arbeitgeber entscheiden, wie viele Stunden gearbeitet werden.

Auch mit der jetzt viel beschworenen Freiwilligkeit sei es nicht weit her; denn erstens gebe es diesen Begriff in der arbeitsrechtlichen Judikatur nicht, zweitens werde die Praxis zeigen, dass die Arbeitnehmer die elfte und zwölfte Stunde nicht werden ablehnen können, erläuterte Muchitsch. Alle Experten sagen, dass die ArbeitnehmerInnen am kürzeren Ast sitzen, weil sie wirtschaftlich abhängig sind. 

Muchitsch warnte davor, dass die Regierungsparteien die Betriebsvereinbarungen aushebeln. Zur Frage, wann kann die Arbeitnehmer ihre erarbeiteten Zeitausgleich konsumieren, wann sie also die Freizeit in Anspruch nehmen, dazu äußert sich das Gesetz einfach nicht; viel schlimmer noch: für den Zeitausgleich können mehrere Durchrechnungszeiträume zusammengerechnet werden, also der Zeitausgleich erst Jahre später in Anspruch genommen werden. 

Einkommensverluste wird es keine geben - auch das ist laut Muchitsch ein Versprechen, das nicht hält. Denn auch in der Abänderung bleibt die freiwillige elfte und zwölfte Stunde in der Gleitzeit ohne Anordnung unbelohnt. Und bei den All-in-Verträgen, immerhin gibt es davon 500.000, ging man bisher von maximal 50 Stunden aus; die Ausweitung auf 60 Stunden bedeuten jetzt, bis zu 10 Stunden mehr pro Woche fürs gleiche Geld. 

Besonders schwerwiegend werden die Folgen aus der Streichung des Paragraf 7 Absatz 4 ausfallen. Damit werde künftig jeder Betriebsvereinbarung die rechtliche Grundlage entzogen. Denn heute werden über den Kollektivvertrag und Betriebsvereinbarungen ganz klar geregelt: Zeitverbrauch, Zuschläge, Gesundheitsschutz - "das schalten Sie mit diesem Gesetz aus", kritisiert Muchitsch.

Muchitsch weiter: Jetzt melden sich schon die Unternehmen, die sich offensiv auf die 60-Stundenwoche freuen. Und auch wenn sehr viele andere ihre Pflichten gegenüber den Beschäftigten wahrnehmen, werde sich unweigerlich "ein Wettbewerb nach unten" ergeben. Die Firmen, die die gesundheitsgefährdenden Arbeitszeiten bis zur Neige ausschöpfen, werden am billigsten anbieten können.

"Alle Arbeitsmediziner sagen: 12 Stunden arbeiten macht krank", so Muchitsch weiter. Umso enttäuschender deswegen, dass in allen Wortmeldungen und Presseaussendungen von ÖVP und FPÖ zur Arbeitszeit die Gesundheit der ArbeitnehmerInnen kein einziges Mal vorkomme. 

Zum Schluss zitierte Muchitsch zwei ÖVP-Funktionäre. Zum einen Wirtschaftsministerin Schramböck, die gesagt hat: "Ich gebe den Unternehmen ganz klar den Auftrag, dieses Gesetz nicht auszunutzen." Das ist, wie Muchitsch betonte, nur so zu verstehen, dass es ein Husch-Pfusch-Gesetz ist, wenn sogar die Ministerin vor der Anwendung warnt. Und dann hat sich noch ein ÖVP-Wirtschaftsbündler zu Wort gemeldet mit dem Satz: „Arbeitnehmer sind nur Kostenfaktoren und es ist ein Wehklagen der Wertlosen." Dem hält Muchitsch entgegen: "Arbeitnehmer sind weder Kostenfaktoren noch Wertlose! Arbeitnehmer sind Menschen, die den Umsatz ihrer Arbeitgeber erwirtschaften." 

Link zur Parlamentsrede von Josef Muchitsch.
 

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