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Muchitsch: „Lassen Sie das Volk entscheiden!"

„Ein Pflasterstein ist kein Zeichen von Gewalt, sondern ein Zeichen schwerer Arbeit und gegen Ausbeutung“

„Ich habe selbst 10 Jahre am Bau gearbeitet – zu Beginn als Maurerlehrling, am Ende als Bauleiter - aber was Sie hier an realitätsfremden Geschichten erzählen, tut wirklich weh“, so SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch in seiner Rede in Richtung FPÖ-Sozialministerin und Abgeordneten der ÖVP und FPÖ. „Sie haben uns vor 21 Tagen einen Initiativantrag zum Arbeitszeitgesetz auf den Tisch ‚geknallt‘, der alle Menschen in diesem Land betrifft, in dem es keine einzige Verbesserung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gibt. Sie beschließen heute ein Arbeitszeitgesetz, ohne Begutachtung und ohne Einbindung von Experten aus den wichtigen Bereichen wie Arbeits- und Sozialrecht sowie Arbeitsmedizin und ohne Organisationen und Interessensvertretungen die Möglichkeit zu geben, eine Stellungnahme zu diesem weitreichenden Gesetz abzugeben“, kritisierte Muchitsch.


„Wenn Sie sagen, vier Tage arbeiten, drei Tage frei, wieso schreiben Sie das nicht in dieses Gesetz rein“, fragt Muchitsch die schwarz-blauen Regierungsfraktionen, so dass die ArbeitnehmerInnen auch einen Rechtsanspruch darauf haben. Schwarz-Blau gaukle auch vor, so Muchitsch, dass die Betriebsvereinbarungen aufrecht bleiben: „In Wahrheit killen Sie den ganzen § 7 Absatz 4 im Arbeitszeitgesetz, wo die gesamte Mitbestimmung für die Arbeitnehmer – egal ob Arbeitnehmer, Betriebsrat oder Kollektivvertrag - ausgelöscht wird; und Sie reden von Fairness und Augenhöhe, obwohl sie leichtfertig erreichte Errungenschaften abschaffen und leichtfertig den sozialen Frieden im Land gefährden.“


Muchitsch präsentierte einen kleinen Auszug an Anfragen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die er täglich bekommt: Otto, der Zimmerer, fragt, ob es richtig ist, dass der Arbeitgeber in Zukunft auch im Hochsommer 15 Stunden anordnen kann. 12 Stunden am Dach bei plus 34 Grad und plus 60 Grad neben der Schalung aufgrund der Reflexion, 1 Stunde unbezahlte Pause und je 1 Stunde An- und Abfahrt. Oder ob er, wie von Ihnen versprochen, ablehnen kann, vom Dach runter steigen darf und im Bus warten soll, bis seine jüngeren Kollegen die 11 oder 12 Stunden fertig gearbeitet habe. „Wie lange wird Otto dann noch mit seinen Kollegen zusammenarbeiten können oder dürfen? Sie spalten damit auch die Arbeitnehmer untereinander, das ist ihre scheinheilige Freiwilligkeit“, so Muchitsch.


Muchitsch bringt als weiteres Beispiel Judith, 27 Jahre, alleinerziehende Mutter und Verkäuferin in einem Gemischtwarengeschäft und Jausenstation. Judith will nach 10 Stunden Arbeit um 18.00 Uhr zu ihrem 7-jährigen Sohn Max nach Hause. Max wird während der Arbeitszeit von ihren Eltern beaufsichtigt. Judith fragt zu Recht, wie lange bzw. oft sie die 11. und 12. Stunde ablehnen kann, wenn um 18.00 Uhr noch Kunden im Geschäft sind.


Oder Günther, der Pflasterer: Er arbeitet jetzt acht Stunden, knieend. „Das heißt, in 8 Stunden bewegt Günther um die 3.400 Kilo mit seiner Kraft und wenn es nach Ihnen geht, muss Günther ab 1. September in 12 Stunden insgesamt 5.200 Kilo täglich an 5 Tagen hintereinander, über „sein Kreuz“ heben“, so Muchitsch. Aus aktuellem Anlass stellte Muchitsch klar: „Ein Pflasterstein darf im 21. Jahrhundert kein Zeichen von Gewalt sein, das ist im 21. Jahrhundert ein Zeichen schwerer Arbeit und Ausbeutung.“


Oder was ist mit Hannes, einem Techniker mit drei Kindern – eines davon ist behindert?“, fragt Muchitsch. Hannes schrieb an Muchitsch, dass ihn als Vater von drei kleinen Kindern, beschäftigt in der Industrie, diese Regelung voll trifft, zumal er mit einer Leitungsfunktion auf unterster Ebene zukünftig nicht einmal mehr die Höchstgrenze von 12 Stunden in Anspruch nehmen werde können. Hannes weiter: „Wir haben ein Kind mit 50 Prozent Behinderung. Meine Frau und ich bemühen uns, die Therapietermine - mindestens 3 wöchentlich - und Arzttermine zwischen uns aufzuteilen, um die anderen Kinder nicht unnötig mit Fahrten und Herumsitzen in Wartezimmern zu belasten. Diese Möglichkeit wird in Zukunft wegfallen, da die Auftragsbücher der Firma voll sind und es jetzt schon schwer möglich ist, Zeitausgleich in Anspruch zu nehmen. Ich frage mich, wann ein entstandenes Zeitguthaben von 400 Stunden pro Jahr - immerhin der doppelte Jahresurlaub - überhaupt von irgendjemandem verbraucht werden kann. Dieses Gesetz wird alle Familien voll treffen, die kein "Backup" durch in der Nähe wohnende Großeltern haben und Eltern mit einem behinderten Kind werden in Zukunft überhaupt unter die Räder kommen, „denn wer Überstunden aus diesem Grund ablehnt, wird seinen Job verlieren.“


Muchitsch appellierte abschließend an die Abgeordneten von ÖVP und FPÖ: „Sie müssen heute einem Gesetz zustimmen, das Sie vielleicht vom Herzen her gar nicht wollen. Sie entscheiden, ob ihnen Menschen, wie Otto der Zimmerer, Hannes der Techniker, Judith die Verkäuferin, Günter der Pflasterer, wichtig sind oder nicht. Wenn Ihnen die Menschen wichtig sind, stimmen Sie diesem Gesetz nicht zu und lassen Sie das Volk entscheiden.“

 

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