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Sozialversicherungsmonopoly

Geld der Salzburger und Entscheidungshoheit fließen nach Wien

Jetzt ist es also raus. Die eigentlich für Ende Juli angekündigten Details zur „größten Strukturreform aller Zeiten“ liegen am Tisch. Allen Warnungen zum Trotz reformiert die Regierung ein funktionierendes System ohne Rücksicht auf die Auswirkungen. Die Entscheidungen, wie das Geld der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eingesetzt wird, trifft künftig die Wirtschaft. Dieser Eingriff in die Selbstverwaltung ist verfassungsrechtlich mehr als bedenklich. Die als Landesstellen geführten GKKs dürfen keine Verträge mehr abschließen. Die Zentrale in Wien bestimmt den Einsatz der Versicherungsbeiträge, entscheidet über Arztstellen. Existenzen von Institutionen und Zulieferern in den Bundesländern sind bedroht.
Die Machtübernahme hat begonnen.


 Bereits ab 1.4.2019 wird ein Überleitungsausschuss unter dem Vorsitz eines Dienstgeber-Vertreters eingesetzt. Im Überleitungsausschuss werden bereits zentral alle wichtigen Entscheidungen getroffen. Weitere führende Positionen für die Übergangszeit besetzt das FPÖ-Ministerium und übernimmt somit die strategische Ausrichtung der Krankenversicherung. Neben dieser völligen Entmachtung der Arbeitnehmer als Eigentümer der Krankenversicherung sorgt der Plan eines halbjährlich wechselnden Vorsitzes im Verwaltungsrat der ÖGK für Kopfschütteln. Ein ständiger Wechsel in der Geschäftsführung als Erfolgsprinzip? Kein moderner und zukunftsorientierter Betrieb würde ein solches Hüh-Hott-Management überleben.


SGKK-Obmann und Baugewerkschafter Andreas Huss dazu: „Mit diesen ständigen Wechseln in der Führung werden Versicherte keine Leistungsgarantie mehr haben. Was heute entschieden wird, kann morgen wieder aufgehoben werden. Das lähmt das gesamte System und wird zu einem Stillstand statt zu einer Weiterentwicklung in der Gesundheitsversorgung führen.“

Selbstverwaltung Ade.


 Alle künftigen Gremien bestehen zu gleichen Teilen aus Dienstnehmer- und Dienstgebervertretern. Das heißt, über die Gesundheitsversorgung der unselbständig Beschäftigten werden künftig die Dienstgeber das Sagen haben. Das Mitspracherecht der im Eigentum der Arbeitnehmer stehenden Krankenversicherung wird auf ein Minimum reduziert. Sie dürfen zahlen, die Industrie entscheidet. Dass dieser Eingriff in die Selbstverwaltung verfassungsrechtlich nicht halten wird, darüber sind sich Verfassungsrechtler weitgehend einig.


„Wie würde wohl die Wirtschaftskammer reagieren, wenn plötzlich die Arbeitnehmer-Vertreter dort das Sagen hätten? Dieser neuen Logik der Selbstverwaltung folgend müsste man ihnen dort ein bevorzugtes Mitspracherecht einräumen. Immerhin sind sie es, die mit ihrer Arbeitsleistung für die Gewinne der Unternehmen sorgen“, meint Andreas Huss.
Salzburger Arbeitnehmer verlieren ihre eingezahlten Versicherungsgelder. 
 Von 100 Euro, die derzeit ein Salzburger Arbeitnehmer einzahlt, fließen aktuell 98 Euro wieder in Form von Leistungen oder Anschaffungen retour bzw. werden angespart für Notfälle. Nur 2 Euro betreffen die Verwaltung. Das wird künftig nicht mehr so sein. Die einbezahlten Versicherungsbeiträge fließen zu 100 Prozent in die Zentrale. Dort wird in von Arbeitgeber dominierten Gremien und von  der Regierung besetzten Generaldirektoren entschieden, wer das Geld bekommt und was damit finanziert wird.


Gebietskrankenkassen schrumpfen zu Sachbearbeitungsstellen.


 Sämtliche Entscheidungen werden von der ÖGK in Wien getroffen. Die künftigen Landesstellen der ÖGK haben nur mehr eingeschränkte Aufgaben, werden zu Sachbearbeitungsstellen degradiert, verlieren alle Vertragsabschlusskompetenzen. Aufträge können nicht mehr vor Ort vergeben werden. Die Existenzen lokaler Vertragspartner sind bedroht. Gelder der Salzburger in Millionenhöhe fließen aus dem Bundesland ab und Großkonzerne bringen sich als neue Zulieferer bereits in Stellung. Die Hoheit über die Beitragsprüfung – also die Sicherheit der Arbeitnehmer über ihre Leistungsansprüche – hat künftig der Finanzminister.


Bundesweite Verträge ersetzen regionale Kompetenzen.


 Auch die Landesärztekammern verlieren massiv an Einfluss. Keine regionalen Vertragsverhandlungen mehr, die ÖGK verhandelt nur noch mit der ÖÄK. Auch regionale Stellenpläne werden überregional verhandelt. Regionales Know-how um die Bedürfnisse der Salzburgerinnen und Salzburger sowie jahrelange Partnerschaften werden mit einem Schlag bedeutungslos. Was aber in den Landesstellen bleiben wird ist das Beschwerdemanagement. Denn für die sehr bald spürbaren Verschlechterungen in der Versorgung wird niemand der Verantwortlichen in Wien greifbar sein. 


Die Gewinner stehen fest.


 Die Industrie darf sich endlich über mehr Einfluss und Kostensenkungen freuen, die privaten Krankenversicherungen reiben sich schon die Hände. Von einem solidarischen System der Gesundheitsversorgung bzw. Versicherung im Krankheitsfall, das auf die regionalen Bedürfnisse der Arbeitnehmer abgestimmten ist, ist man durch diese Reform meilenweit abgerückt. 


Die Frage nach dem Sinn.


 An die angekündigte Einsparungsmilliarde kann angesichts dieser Entwicklungen niemand mehr glauben. Die Einsparung von Sitzungsgeldern von 42 Euro für die 38 Salzburger Funktionäre wird nicht reichen. Es wird mit der neuen ÖGK nur eine weitere Verwaltungsebene eingeschoben, die Kosten verursacht. Mittelfristig wird diese Reform die Salzburger Wirtschaft mit voller Wucht treffen. Es stehen rund 30 Mio. Euro an direkten Ausgaben an lokale Vertragspartner am Spiel, mit einem Verlust an Wertschöpfung im Bundesland von bis zu 80 Mio. ist zu rechnen.


Andreas Huss bringt es auf den Punkt: „Die Antwort auf die Frage nach dem Sinn liegt eigentlich auf der Hand. Der Regierung ging es nie darum ein eigentlich funktionierendes System zu verbessern und weiter zu entwickeln. Das hätte Gespräche und das Einbinden der relevanten Partner nötig gemacht. Letztendlich geht es um die Übernahme der Macht damit die Regierungsparteien endlich in ihrem Sinne und im Sinne ihrer Unterstützer Handlungsfreiheit haben.“

 

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