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v.l.n.r.: Affengruber, Muchitsch, Burger
v.l.n.r.: Affengruber, Muchitsch, Burger

„Fordernde Arbeit am Bau wird noch einmal härter“

Das „Husch-Pfusch-Gesetz“ zur Arbeitszeit bringt für die derzeit hitzegeplagten Bauarbeiter deutliche Verschlechterungen

Sommer, Sonne, Hitze – während für viele Menschen in den heißen Monaten oft Urlaub und Entspannung angesagt ist, heißt es im Baugewerbe und der Bauindustrie genau das Gegenteil: Hochsaison. „In dieser Zeit ist die ohnehin schon körperlich sehr herausfordernde Arbeit am Bau noch härter. Das ‚Husch-Pfusch-Gesetz‘ der Bundesregierung zur Arbeitszeit wird die Situation für die Beschäftigten weiter verschärfen“, kritisiert Abg. z. NR Josef Muchitsch, Bundesvorsitzender der Gewerkschaft Bau-Holz.

Bis zu 15 Stunden im Einsatz

Durch das neue Gesetz, das am 1. September in Kraft tritt, werden sich für viele Bauarbeiter die Einsatzzeiten auf bis zu 15 Stunden täglich erhöhen – und das von Montag bis Freitag bis zu sieben Wochen hintereinander. „Damit wird die unmenschliche Formel ‚12 Stunden arbeiten, 1 Stunde unbezahlte Pause plus 2 Stunden Fahrtzeit‘ gesetzlich ermöglicht“, sagte Muchitsch bei einem Lokalaugenschein auf der Baustelle in der Linzer Europastraße und wies darauf hin, dass es erwiesen sei, dass ab acht Stunden das Unfallrisiko um ein Drittel steigt – und sich ab der elften Stunde sogar verdoppelt. „Die Wirtschaftsministerin will einen Appell an die Unternehmen richten, die Regelung nicht auszunutzen. Mit der Realität hat das nichts zu tun“, sagte Muchitsch.

Bisher konnte die Arbeitszeit nur bei Bedarf und über Betriebsvereinbarungen bzw. Kollektivvertragspartner ausgeweitet werden. Als Ausgleich dafür wurden notwendige Erholungsphasen nach schweren Einsatzzeiten vereinbart. „Künftig kann der Arbeitgeber einseitig die Arbeitszeit ausweiten – ohne Zustimmung von Betriebsrat, Arbeitsinspektor oder Arbeitsmediziner“, warnt Josef Affengruber, Vorsitzender der Gewerkschaft Bau-Holz in Oberösterreich.
 

12 Arbeitstage pro Jahr zusätzlich

Er weist auch darauf hin, dass die Jahresarbeitszeit durch das neue Gesetz ausgeweitet wird. Statt 320 sind dann 416 Überstunden jährlich zulässig – umgerechnet auf den normalen Acht-Stunden-Tag sind das 12 Arbeitstage pro Jahr mehr. Das neue Arbeitszeitgesetz erlaubt zudem an 208 Tagen im Jahr einen 12-Stunden-Tag ohne zusätzliche Erholungszeiten. „Für die Beschäftigten, die täglich Schwerstarbeit leisten, ist das völlig unzumutbar“, schüttelt Affengruber den Kopf über die Vorgangsweise der Bundesregierung.

Verantwortungsbewusste Unternehmen unter Druck

Für den stv. Landesgeschäftsführer der Gewerkschaft Bau-Holz, Christian Burger, ist klar, dass es auch viele Unternehmer gibt, die trotz des neuen Gesetzes verantwortungsbewusst mit ihren Mitarbeitern umgehen. Gerade diese Unternehmen werden durch die Änderungen nun aber immer mehr unter Druck geraten. „Bei zukünftigen Ausschreibungen werden erste Baufirmen mit einer 60-Stunden-Woche kalkulieren. Faire Arbeitgeber sind über kurz oder lang gezwungen, dieses unsoziale Arbeitszeitgesetz ebenfalls auszuschöpfen – auf dem Rücken der Beschäftigten“, sagt Burger.

Dass die Beschäftigten künftig noch mehr und härter arbeiten müssen, ist auch für das Image der Bauwirtschaft nicht förderlich. Dieses Gesetz ist ein Rückschlag für all jene, die sich angesichts des ständig propagierten Fachkräftemangels bemühen, junge Menschen für diese Branche zu gewinnen, sind sich die Gewerkschafter einig: „Wer will schon bei Hitzewellen mit 35 Grad und mehr bis zu 15 Stunden täglich im Einsatz sein? Offenbar weiß die Regierung nicht, was sie den Beschäftigten mit diesem Gesetz antut – oder es ist ihnen schlicht egal.“

„Ab 30 Grad maximal 8 Stunden“

Für Muchitsch ist klar, dass es Maßnahmen braucht, um Schwerarbeiter wie jene am Bau, besser zu schützen – auch angesichts der derzeitigen und auch im kommenden Jahr noch anhaltenden Hochkonjunktur (in Oberösterreich gibt es derzeit einen Rekord von 27.750 Beschäftigten am Bau), die viel Arbeit und viel Einsatzzeit mit sich bringt. „Wenn das mit dem Gesetzgeber offenbar nicht möglich ist, werden wir die Gespräche mit den Arbeitgebern und die kommenden Kollektivvertragsverhandlungen dazu nutzen, um entsprechende Regelungen einzufordern“, kündigte der Bau-Holz-Vorsitzende an. Ein Vorschlag der Gewerkschaft wäre etwa, dass bei Wetterprognosen von mehr als 30 Grad Celsius die maximale Arbeitszeit für die Bauarbeiter acht Stunden nicht überschreiten darf. Im Herbst werde man seitens der Gewerkschaft die Informationskampagne zu 12-Stunden-Tag und 60-Stunden-Woche weiterführen. Sobald erste Fälle bekannt werden, in denen die Arbeitgeber die neue Regelung ausschöpfen, wird die Gewerkschaft diese in der Öffentlichkeit auch bekannt machen.

„Hitzefrei-Regelung nutzen!“

Angesichts der jüngsten Hitzewelle appelliert Muchitsch auch an die Unternehmen, die seit fünf Jahren bestehende Hitzefrei-Regelung der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse (BUAK) zu nutzen. Diese bietet die Möglichkeit, ab 35 Grad die Arbeit einstellen zu können. Während die Arbeitnehmer 60 Prozent ihres Brutto-Stundenlohns für die nicht geleisteten Stunden erhalten, können sich die Betriebe dieses Geld im Ausmaß von bis zu 120 Stunden pro Arbeitnehmer von der BUAK zurückholen. Diese Hitzeregelung, eine jahrzehntelange Forderung der Gewerkschaft, die zumindest teilweise umgesetzt werden konnte, müsse verstärkt genutzt werden, so Muchitsch: „Denn es ist wirklich unmenschlich, die Beschäftigten bei dieser Hitze weiterarbeiten zu lassen.“

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