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Gewerkschaft Bau-Holz/UNDOK: „Ein Umdenken in der Gesellschaft ist dringend notwendig“

ExpertInnen beleuchten verschiedene Aspekte von Ausbeutung in der Baubranche und fordern stärkere Unterstützung

Die rund 100 BesucherInnen der Veranstaltung "Sie haben das Land mit aufgebaut" der UNDOK-Anlaufstelle zur gewerkschaftlichen Unterstützung undokumentiert Arbeitender informierten sich Dienstag  Abend in der VHS Ottakring über verschiedene Aspekte der undokumentierten Arbeit in der Baubranche. ++++

ExpertInnen berichteten von konkreten Fällen und erläuterten, wie Arbeitsausbeutung zustande kommt, wer davon betroffen ist und welche gewerkschaftlichen wie politischen Möglichkeiten es zur Unterstützung von undokumentiert Arbeitenden sowie des Vorgehens gegen Lohn- und Sozialdumping es gibt.

Muchitsch: „Wir müssen unsere Kräfte bündeln“

Eröffnet wurde die Veranstaltung von Josef Muchitsch, dem Bundesvorsitzenden der Gewerkschaft Bau-Holz und Vorsitzenden des parlamentarischen Ausschusses für Arbeit und Soziales sowie von Herbert Schweiger, dem Geschäftsführer der Wiener Volkshochschulen. Muchitsch machte darauf aufmerksam, dass gerade die Baubranche übermäßig von Lohn- und Sozialdumping betroffen ist und die Folgen nicht nur österreichische ArbeitnehmerInnen sowie jene aus EU-Ländern betreffen, sondern auch undokumentiert Arbeitende.

„Umso wichtiger ist die Arbeit der UNDOK-Anlaufstelle, die gerade diese eine Gruppe unterstützt, die am stärksten von Ausbeutung betroffen ist“, so Muchitsch. Es braucht eine Bündelung der Kräfte von Gewerkschaften, ArchitektInnen, TechnikerInnen, zivilgesellschaftlichen Initiativen wie Selbstorganisationen, um die Bevölkerung zu sensibilisieren und gemeinsam gegen das Gegeneinander-Ausspielen von ArbeitnehmerInnen vorzugehen, so Muchitsch weiter. Herbert Schweiger wies darauf hin, dass es ein Umdenken in der Gesellschaft, aber auch in den Gewerkschaften braucht. „Diese Gruppe von ArbeitnehmerInnen gehörte bis jetzt zu wenig zur Zielgruppe von Gewerkschaften. Dass sich das ändern muss, zeigen die Erkenntnisse aus der Arbeit der UNDOK-Anlaufstelle“, so Schweiger.

VerliererInnen sind immer alle ArbeitnehmerInnen“

Marica Guldimann von der UNDOK-Anlaufstelle und Brigitte Schulz, Rechtsschutzsekretärin der Gewerkschaft Bau-Holz, gingen näher auf die gewerkschaftliche Unterstützungsarbeit ein. Guldimann wies darauf hin, dass undokumentierte Arbeit in nahezu allen Branchen stattfindet und dass es der Anlaufstelle vor allem darum geht, betroffene KollegInnen im Sinne ihres Empowerments zu unterstützen. Der Anteil an Frauen, die die Anlaufstelle aufsuchen, ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen, ergänzte Guldimann.

Die beiden Betriebsräte Christian Sambs und Dagistan Özdemir sowie Christian Ringseis, Sekretär bei der Gewerkschaft Bau-Holz Wien, berichteten von ihren Erfahrungen auf Baustellen. Sie wiesen darauf hin, wie in der Baubranche durch die Aufträge an Sub- und Subsubunternehmen ein Verdrängungswettbewerb stattfindet und dadurch das Lohnniveau sowie arbeits- und sozialrechtliche Standards nach unten gedrückt werden. Davon wäre insbesondere der Neubausektor betroffen, hier wären viel stärkere Kontrollen und auch Solidarität unter ArbeitnehmerInnen notwendig. „Denn VerliererInnen dabei sind immer alle ArbeitnehmerInnen“, so Sambs, Betriebsratsvorsitzender der Firma HAZET.

Josef Wöss, der Leiter der Abteilung Sozialpolitik bei der Arbeiterkammer Wien, und Philipp Hammer, Grundlagenforscher bei arbeit plus, gingen auf die Folgen aktueller sozialpolitischer Maßnahmen ein und forderten ebenso stärkere Kontrollen im Sinne des Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetzes, um gegen Arbeitsausbeutung und gleichzeitig das Auseinanderdividieren von ArbeitnehmerInnen vorzugehen. „Gerade jenen Behörden, die diese Kontrollen durchführen sollen, werden aber die Ressourcen gekürzt“, so Wöss.

Kevin Fredy Hinterberger, Gastforscher in der ÖAW, und Lisa Bolyos von der Sezonieri-Kampagne für die Rechte von ErntehelferInnen in Österreich sprachen über Möglichkeiten der Regulierung sowie der Selbstorganisierung. Hinterberger berichtete von einem Regularisierungsprogramm der spanischen Regierung, das einer Vielzahl von ausländischen ArbeitnehmerInnen ermöglichte, einen Aufenthaltstitel und einen regulären Zugang zum Arbeitsmarkt zu erhalten. In Österreich wäre der Fokus aber viel stärker auf Integration und Familienleben gelegt, Arbeitsmarktintegration hingegen werde hier von den Behörden sehr ambivalent behandelt. So ist es kaum möglich, außerhalb des Asylverfahrens Bleiberecht in Österreich zu bekommen.

Bolyos erläuterte die Hintergründe der Sezionieri-Kampagne, die vom Arbeitskampf einer Gruppe von LandarbeiterInnen in Tirol inspiriert wurde. Es gebe scheinbar einen stillen Konsens in der Landwirtschaft, sich nicht an die Kollektivverträge zu halten, so Bolyos. Hier braucht es ein stärkeres Entgegentreten von gewerkschaftlicher Seite. Die Sezionieri-Kampagne unterstütze so nicht nur die Selbstorganisierung von LandarbeiterInnen und ErntehelferInnen im Kampf um ihre Rechte, sondern leiste auch Sensibilisierungsarbeit innerhalb der Gewerkschaft.  

"Sie haben das Land mit aufgebaut" zeigte eindrücklich auf, dass Lohn- und Sozialdumping und die Ausbeutung undokumentiert Arbeitender Hand in Hand gehen. Die ExpertInnen wie das Publikum waren sich einig, dass hier ein gemeinsames Vorgehen notwendig ist, dessen Grundlage die Solidarität zwischen allen ArbeitnehmerInnen ist, da alle von den Folgen betroffen seien.

Die Fotos dürfen mit der Quellenangabe „Christopher Glanzl/UNDOK-Anlaufstelle“ frei verwendet werden.

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