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Jeder Unfall ist einer zu viel

Workers Memorial Day: Jeder Unfall auf einer Baustelle ist einer zu viel

Gewerkschaft Bau-Holz fordert anlässlich des Workers Memorial Day weitere Sicherheitsmaßnahmen im Baugewerbe, um ArbeitnehmerInnen bestmöglich vor Unfällen zu schützen.
Allein in Österreich waren es im Jahr 2021 insgesamt 30 Arbeitnehmer, die auf einer Baustelle tödlich verunfallt sind. Drei davon waren in Salzburg.
 
"Jeder einzelne Todesfall und jeder einzelne Unfall ist einer zu viel," betont GBH-Landesgeschäftsführer Kurt Neckermann und ergänzt: "Es haben sich zwar die Sicherheitsbedingungen auf den Baustellen in den letzten Jahrzehnten massiv verbessert. Dennoch werden wir nicht müde, für weitere Sicherheitsvorkehrungen einzutreten, um die ArbeitnehmerInnen auf den Baustellen bestmöglich zu schützen und die Unfallrate dadurch zu senken."
 
Salzburg ist hier leider nicht unbedingt ein Vorzeigebundesland. Denn gerade bei uns passieren im Vergleich zu allen anderen Bundesländern noch relativ viele Unfälle. So gab es österreichweit im Jahr 2021 insgesamt 16.471 anerkannte Arbeitsunfälle am Bau. Davon waren 1.577 Unfälle in Salzburg. Wenn man sich dann noch die Unfallrate pro 1.000 Dienstnehmer der anerkannten Arbeitsunfälle am Bau anschaut, dann liegt diese österreichweit bei 57,8 und in Salzburg bei 82,0 ArbeitnehmerInnen.
 
Damit hat Salzburg den zweithöchsten Wert in ganz Österreich. "Daher ist für uns der Workers´ Memorial Day auch so wichtig. Nicht nur, weil wir diesen Tag dazu nutzen, unsere Forderungen nach mehr Sicherheitsmaßnahmen zu verstärken, sondern auch, weil wir an diesem Tag all jener gedenken, die tödlich verunglückt sind. Unsere Gedanken sind an diesem Tag aber auch bei den Angehörigen, die einen so schmerzlichen Verlust verkraften müssen. Ihnen sind wir es genauso schuldig, dass wir unermüdlich weiterkämpfen," fasst Neckermann zusammen.  
 
Zunahme an psychischen Erkrankungen 
 
Wenn es um die Gesundheit der Beschäftigten geht, dann gibt es auch neue Herausforderungen, deren sich die Gewerkschaft Bau-Holz derzeit annimmt.
 
"Wir sehen, dass die arbeitsbedingten psychischen Belastungen am Bau zunehmen. Immer öfter gibt es Kolleginnen und Kollegen, die darunter leiden. Vom Burnout bis zur Depression gibt es hier eine breite Palette an Erkrankungen. Leider ist es aber gesellschaftlich immer noch für viele ArbeitnehmerInnen ein Tabu-Thema. Darüber spricht man einfach nicht gerne," weiß ÖGK-Arbeitnehmerobmann und GBH-Gesundheitssprecher Andreas Huss. 
 
Das kann auch Betriebsratsvorsitzender Josef Krenn von der Firma Porr in Salzburg bestätigen. "Ich sehe es als Aufgabe der Betriebsräte, sich dieses Themas verstärkt anzunehmen. Als Betriebsrat kennt man die Kollegen gut. Da muss man besonders wachsam sein. Und wenn man merkt, dass die KollegInnen hier Probleme haben, dann ist man als Betriebsrat die erste Anlaufstelle. Daher ist es auch so wichtig, dass es Betriebsräte in den Unternehmen gibt. Wir können hier eine große Stütze für die Betroffenen sein und ihnen auch gut zureden, damit sie diese Probleme nicht von sich schieben, sondern offen damit umgehen und den Mut aufbringen, darüber zu sprechen und sich helfen zu lassen," informiert Krenn.
 
Dieses Problem bezieht sich jedoch nicht nur auf einzelne Sparten, sondern ist in allen Bereichen eine zunehmende Herausforderung, wie ÖGB-Landesvorsitzender und AK-Präsident Peter Eder berichten kann. 
 
"Aktuelle Daten des Arbeitsklima-Index bestätigen, dass der Arbeits- und Zeitdruck in der Arbeitswelt immer mehr zunimmt und zu einer starken Belastung für die ArbeitnehmerInnen wird. So fühlt sich knapp jede/r dritte Arbeitnehmer/in durch den Zeitdruck stark belastet. 24 Prozent der Salzburger ArbeitnehmerInnen geben sogar an, dass der Arbeitsdruck so hoch ist, dass sie keine Zeit zum Verschnaufen haben. Das ist besorgniserregend," informiert Eder und ergänzt: "Hier braucht es den bewährten Schulterschluss von Arbeiterkammer, Gewerkschaft und Betriebsrat, um den Betroffenen zu helfen und entsprechende Entlastungen durchzusetzen. Denn klar ist auch, dass sich die Unfallrate weiter erhöht, wenn der Arbeitsdruck steigt."
 
Herausforderung COVID-19
 
Eine besondere Herausforderung ergab sich für die Beschäftigten am Bau natürlich auch durch die COVID-19 Pandemie, wie Neckermann berichten kann: "Ich erinnere mich noch gut daran, wie das im März 2020 war, als der erste Lockdown verhängt wurde. Während Tirol abgeschottet wurde, gab es immer noch Firmen, die MitarbeiterInnen mit dem Bus auf Baustellen nach Tirol gefahren haben, um dort weiterzuarbeiten. Schutzmaßnahmen waren damals kaum einzuhalten. Es gab auch nicht das notwendige Material dafür."
 
Hier konnte die Gewerkschaft Bau-Holz viel für die Beschäftigten erreichen.
 
"Wir haben täglich mehrere Anrufe von Mitgliedern und FunktionärInnen bekommen, die Angst hatten, sich selbst oder ihre Angehörigen anzustecken. Daher haben wir uns auch vehement dafür eingesetzt, dass auch hier die notwendigen Schutzmaßnahmen getroffen werden, was natürlich in der Praxis auf einer Baustelle nicht immer leicht ist. Da ist uns auch viel gelungen," blickt Neckermann zurück.
 
Long Covid als Berufskrankheit anerkennen
 
Jetzt gibt es die nächste Herausforderung für die Gewerkschaft, denn auch, wenn sich die Lage bei den Neuinfektionen, v.a. mit Blick auf schwere Verläufe, entspannt hat, so gibt es immer mehr Personen, die an Long Covid leiden.
 
"Das Problem ist hier, dass Long Covid-PatientInnen in den meisten Fällen nicht mehr wie gewohnt weiterarbeiten können. Schwächeanfälle, Atemprobleme, Energielosigkeit – das alles erschwert den Alltag sehr, v.a. im Beruf, informiert Huss und ergänzt: "Solange Long Covid aber nicht in die Liste der Berufskrankheiten aufgenommen wird, fallen die Betroffenen um sämtliche Leistungen der AUVA um. Und das muss sich ändern."
 
Bislang gibt es in der Liste der Berufskrankheiten zwar die Infektionskrankheiten. In diese Kategorie fällt auch Long Covid, aber in diesem Fall gilt das nur für bestimmte Berufsgruppen.
 
"Hier zeigt sich, dass die Anzahl der durch die AUVA anerkannten Infektionskrankheiten seit 2019 stark angestiegen ist. Durch die Corona-Pandemie sind Infektionskrankheiten die häufigste Berufskrankheit im Jahr 2021," gibt Peter Eder zu bedenken. Denn während es 2019 noch 81 anerkannte Fälle waren, stieg die Zahl der anerkannten Fälle im Jahr 2021 auf 386. 
 
Umso wichtiger ist es, dass Long Covid als Berufskrankheit anerkannt wird, denn erst dann können alle ArbeitnehmerInnen, die sich während der Arbeit mit COVID anstecken, auch die Leistungen der AUVA beziehen, wenn sie dann an Long Covid leiden. Die ArbeitnehmerInnen am Bau haben hier bislang keinen Schutz. „Betroffene fallen demnach um sämtliche Leistungen der AUVA, wie z.B. Unfallrente, Umschulung oder Rehabilitation“, gibt Huss zu bedenken. Dafür, das zu ändern, setzt sich die Gewerkschaft Bau-Holz derzeit massiv ein. 
 
WM in Katar: GBH setzt sich weltweit für bessere Arbeitsbedingungen ein
 
Die Gewerkschaft Bau-Holz möchte anlässlich des Workers´ Memorial Day auch darauf aufmerksam machen, dass es mehr Sicherheit auf den Baustellen in allen Ländern braucht.
 
"Im weltweiten Vergleich haben wir in Österreich dank der guten Tradition der Sozialpartnerschaft und den Erfolgen der Gewerkschaft schon viel erreicht und können auf diese Errungenschaften auch stolz sein. Denn die Sicherheitslage verbessert sich stetig. Ein Blick in andere Länder zeigt, dass es hier aber auch international einen Schulterschluss der Gewerkschaften braucht. Insbesondere mit Blick auf die heuer stattfindende Fußball-Weltmeisterschaft in Katar," informiert Neckermann. 
 
Die Situation in Katar ist besorgniserregend. Auch wenn es keine offiziellen Zahlen gibt. Schätzungen gehen aber davon aus, dass zwischen 2.500 und 5.000 Bauarbeitern ums Leben gekommen sind. Die Hitze führt oftmals zur Dehydrierung. Die Gesundheitsversorgung ist schlecht. Es gibt keine Arbeitsverträge, Hungerlöhne und zum Teil werden die Löhne viel zu spät ausgezahlt.
 
"Es konnten bislang vor Ort einige Erfolge erzielt werden. Es gibt jetzt z.B. eine Art Belegschaftsvertretung auf den Baustellen. Das ist zwar kein Betriebsrat, wie wir ihn kennen, aber zumindest werden diese Leute geschult, wenn es um Themen wie Sicherheit oder Arbeitsrecht geht," berichtet Huss und ergänzt: "Die Bau- und Holzarbeiter-Internationale (BHI) führt auch regelmäßig Kontrollen durch. Das ist wichtig, damit sich die Situation für die Arbeiter sofort verbessert."
 
Langfristig muss sich aber generell etwas ändern.
 
"Wir wollen gemeinsam mit den Fußballverbänden gegen diese Zustände auftreten. Denn es ist ja nicht das erste Mal, dass ein sportliches Großereignis in einem Land ausgetragen wird, in dem es schlechte Arbeitsbedingungen gibt und die Situation für die Arbeiter daher lebensbedrohlich ist. Jetzt können wir nur versuchen, die Gewerkschaftsidee auf die arabische Halbinsel zu bringen und somit für die Menschen vor Ort bessere Bedingungen zu schaffen. Aber künftig müssen gute Arbeitsrechte und ausreichend Sicherheitsmaßnahmen auch schon bei der Vergabe von Großsportereignissen berücksichtigt werden," sind sich Neckermann, Huss und Krenn einig.
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